Bewegendes,  Kinder

Das übermichste “Über mich” ever.

Offenheit ist etwas, das ich extrem schätze. Zu verbergen habe ich nichts. Und deshalb öffne ich heute die Tür zu meinem Backstagebereich und stelle mich auf eine etwas andere Weise vor. Herzlich willkommen bei meinem Lebens-Striptease und prost.

Ich wurde am 6.6. um 18 Uhr 12, in Zimmer Nummer 6 und als 6. Kind des Tages in einer Oberpfälzer Klinik geboren, weshalb, und das ist nicht gelogen, die 80-jährige Nonne/Hebamme zu meiner Mutter sagte: “Höhö, das wird mal ne Sexbombe!”. Damit lag sie vermutlich ziemlich daneben, but so what.

Wenn ich an einem Bahnhof jemanden verabschiede, schaue ich niemals zurück. Ich bin Rechtshänderin, spiele aber mit links Federball. Ich liebe den Duft von frisch gemähtem Gras, noch feuchtem Beton und geraspelten Salatgurken. Ich hatte eine glückliche Kindheit und es macht mich traurig, dass das eine Ausnahme zu sein scheint. Als Teenagerin habe ich ein Jahr lang in einer Can-Can-Truppe getanzt, bin dann aber leider wegen einer Steißbeinverletzung final ausgefallen. In meinen Händen sind ein Meerschweinchen und ein Graupapagei gestorben und eine Zeitlang dachte ich deshalb, ich bringe den Tod. Es gibt nichts, was mich wütender macht als Ungerechtigkeit und Feigheit. Deshalb finde ich, dass alle Männer, Frauen und sonstigen Personen Held*innen sein sollten, weil Zivilcourage herrschaftzeitennochmal eine Menschenpflicht ist.

Vor dem Haus von Stephen King in Bangor, Maine. Leider kam der Meister nicht raus, um hallo zu sagen. Frechheit eigentlich. 

Vielen Literaturklassikern wie z.B. „Der kleine Prinz“ oder „Winnie the Pooh“ kann ich nichts abgewinnen. Fassungslos verärgert mich auch Lebensuntüchtigkeits-Literatur wie “Kleiner Mann – was nun?” (sorry, isso). Hingegen stehen in meinem Bücherregal mehrere Meter Stephen King, T.C. Boyle, Edgar Allan Poe, Bill Bryson und Ephraim Kishon; mein Lieblingsbuch ist jedoch Otto Nebelthaus „Vom heiteren Kochen“ aus dem Jahr 1936. Meine Verehrung für Stephen King ist so groß, dass ich 2017 mit meiner ebenso fanatischen Cousine einen zweiwöchigen Roadtrip durch Maine machte, während dessen wir viele der Orte in seinen Geschichten besuchten.

Ich habe nicht das geringste Problem damit, Fehler zuzugeben, und finde, dass konstruktive Kritik das beste Coaching ist. Ich vertrage Unmengen klaren Schnapses, aber nur wenig Bier oder Wein. Softdrinks jeder Art lasse ich als Getränke nicht gelten, Karotten- oder Rote-Bete-Saft hingegen schon. Menschen sind höchst irritiert über meine Fähigkeit, rein nach Gehör zu wissen, was sie gerade wo im Haus treiben. Ich bin eine miserable Näherin und Strickerin, kann aber unsichtbar Socken stopfen. Dazu benutze ich einen hölzernen Stopfpilz, den ich von meiner Oma geerbt habe. Sie hat mir auch beigebracht, wie es geht. In meiner Hosentasche trage ich stets irgendeinen glatten Stein herum, den ich möglichst viel in der Hand halte, weil es mich beruhigt. Ich bin so süchtig nach Lesen, dass ich in Abwesenheit von Büchern verzweifelt auch Packungsbeilagen oder Texte auf Milchtüten verschlinge.

Suna. <3

Ich habe eine bekloppte, aber zuckersüße Katze namens Suna, die ihren Namen nach dem Titel meines Lieblingsbuchs von Pia Ziefle trägt. Gegen andere Katzen bin ich im Übrigen manchmal allergisch, aber nur, wenn ich Milchprodukte esse.

Während meiner beiden Schwangerschaften war mir nicht ein einziges Mal übel. Unser Sohn kam 5 Wochen zu früh auf die Welt, aber obwohl er nicht einmal zwei Kilo wog, machte ich mir keine Sekunde lang Sorgen um ihn, weil ich wusste, dass er okay ist. Alles weist darauf hin, dass er ein überlebender Zwilling ist. Sein Bruder hat sich bereits in der 9. Schwangerschaftswoche verabschiedet und ich fühle mich manchmal schlecht dabei, dass ich darüber sogar ein bisschen froh bin, weil ich mir nämlich Zwillinge absolut nicht zugetraut hätte. Meine eigene Schwester habe ich nie kennengelernt. Sie kam 5 Jahre vor mir zur Welt und starb nur wenige Stunden nach ihrer Geburt. Über diese verpasste Chance, mit einer Schwester aufzuwachsen statt allein, bin ich noch heute oft traurig.

Elterlicherseits bin ich halb Schwäbin, halb Oberpfälzerin, wuchs aber in Hessen und Bayern auf. Die Dialekte aller dieser Gegenden beherrsche ich ziemlich gut, aber im Alltag spreche ich ein derart glasklares Hochdeutsch, dass alle irre werden, weil sie mich nicht einordnen können. Meine Kindergartengruppe hieß “Fuchsbau” und mit meiner Kindergärtnerin von damals sind meine Eltern noch heute fest befreundet, was ich sehr putzig finde. Ich bin ein Naturtalent, was das Schießen mit großkalibrigen Revolvern sowie Pfeil und Bogen angeht, also seid besser nett zu mir und den Meinen. Als Dreijährige schlafwandelte ich regelmäßig. Einmal ging meine Mutter mir nach und erlebte live mit, wie ich in der Küche die Eckbank aufklappte, hineinpinkelte, den Deckel wieder zuklappte und seelenruhig zurück ins Bett ging.

Ich wusste bis zu meinem 18. Lebensjahr nicht, was mein Vater wirklich arbeitet, und seit ich es wusste, hatte ich dauernd Angst um ihn. In der 7. Klasse veränderte sich aus heiterem Himmel mitten in der Zeile meine Handschrift derartig, dass mir der Lehrer nicht glauben wollte, dass das alles ich geschrieben hatte. Solche extremen Handschriftveränderungen kamen danach noch ein paarmal vor. In der 12. Klasse erfand ich zusammen mit einer Freundin eine hochnäsige Kuh namens Vroni, die in einem Luxusstall wohnte. Es gab Comics, Gerüchte sowie Merchandising-Artikel und Vroni wurde Kult. Unsere Abizeitung war als Fernsehzeitung aufgemacht, die Leute waren jeweils nach Serien eingeteilt und ich rangierte als Else Kling aus der “Lindenstraße”, ähömm.

Mit “Wildpflanzen-Guru” Wolf-Dieter Storl auf dem Kärntner Kräuter-Kongress 2018.

Ich besitze ein riesiges Regal voller Heilkräutertees und mindestens 3 Regalmeter phytotherapeutischer Fachliteratur. 2017 habe ich endlich die längst überfällige Phytotherapie-Ausbildung gemacht. Schon vorher habe ich gern Wildkräuterführungen gegeben und dabei Menschen mit der kulinarischen und heilkräftigen Vielfalt unser direktesten Umgebung angefixt. Alles begann mit 15, als ich meine Mutter, die ein Reformhaus hatte, häufig für eine Prüfung über freiverkäufliche Arzneimittel abfragen musste.

Wenn ich daran denke, was in meinem Leben alles gut ist, könnte ich schreien vor Glück. Ich habe früher selbst geraucht, war zwischendurch eine dieser unangenehmen Nichtraucherinnen und rauche heute alle paar Monate mal, wenn ich einen sitzen habe. Ich gehe regelmäßig zum Blutspenden und habe die am häufigsten in Deutschland vorkommende Blutgruppe A positiv. Vor zwei Jahren habe ich beim Pilzesuchen im Wald eine Leiche gefunden. Eine plattgeliebte Stoffpuppe, die ich seit Babytagen besitze, liegt noch heute in meinem Bett und manchmal schlafe ich mit ihr im Arm ein. Sie wäre eines von sehr wenigen Dingen, die ich mitnähme, wenn das Haus brennt.

Im Gymnasium wurde ich regelmäßig aus irgendwelchen Unterrichtsstunden geworfen, weil ich immer wieder unkontrollierbare Lachattacken hatte. Die Schulfreundin, mit der es am schlimmsten war (huhu Fossi!), habe ich erst kürzlich wieder getroffen, sehe sie seitdem regelmäßig und wir gackern immer noch genauso viel rum wie früher. Ich verkleide mich wahnsinnig gern, finde Karnevalsgedöns aber lästig und blöd. Ich hätte den Mann, mit dem ich zwischen 15 und 23 zusammen war, beinahe geheiratet. Seine Tochter heißt jetzt durch Zufall (!) genauso wie meine und sein Sohn beinahe genauso wie meiner. Dass er außerdem in die Ex-Wohnung meines Exmannes eingezogen ist, ohne das vorher zu wissen, finde ich mehr als schräg.

Während eines Besuchs im Freilichtmuseum Glentleiten hatte ich in einem Bauernhof aus dem 17. Jahrhundert einen derartig plastischen Hier-und-so-habe-ich-schon-mal-gelebt!-Flash, dass ich beinahe in Ohnmacht gefallen wäre. Am verrücktesten daran war, dass es meiner Mutter, die mich und die Kinder begleitete, genauso ging. Danach habe ich bei einer Psychologin eine sog. Rückführung gemacht und es war wahnsinnig gruselig, wenn auch aufschlussreich (der Bauernhof kam nicht darin vor, dafür aber ein KZ und man ließ mich zurück, weil man dachte, ich würde sowieso sterben).

Bei manchen Filmen fange ich bereits bei Einsetzen der Titelmelodie an zu weinen; manchmal reicht schon die “merci”-Werbung. A propos merci: Schokolade ist absolut nicht mein Ding, Peperonichips dafür umso mehr. Die einzige Süßigkeit, mit der man mich hin und wieder kriegen kann, sind fiesbunte Kaubonbons (Hitschies!) oder Gummibärchen, die aber zwingend wochenlang offen herumgelegen und darob steinhart geworden sein müssen. Yo, das ist ungesund und seltsam, aber irgendwie muss ich meine ansonsten gesunde Ernährung ja wohl kompensieren.

Ich habe nie gelernt, Noten zu lesen, enttarne aber jeden falschen Ton. Ich singe gern, viel und gar nicht so übel, würde es aber niemals vor anderen Leuten tun. Eine Zeitlang habe ich Gesangsstunden genommen, weil ich unbedingt „Gabriellas Song“ von Helen Sjöholm lernen wollte. Dafür gibt es Gründe, denn das Lied handelt von einem Befreiungsschlag, den ich selbst erlebt habe. (BITTE schaut Euch diesen Film an, ohne Kontext ist das Lied nur halb so schön!)

Auf Treppen und Balkonen habe ich Höhenangst, aber Ballonfahren war okay. Mein Ballonfahrerinnen-Taufname lautet “Baronesse Lilly, tapfere Luftfee und kundige Navigatorin zum sonnigen Zugspitzblick und zur Matschwiese von Piusheim”.
Komplimente machen mich unheimlich nervös und meist reagiere ich albern. Während meiner Konfirmandenzeit habe ich kurz, aber sehr ernsthaft überlegt, Pfarrerin zu werden. Seit ich auf Twitter einen ganzen Haufen saucoole Pfarrerinnen und Pfarrer kennengelernt habe, bin ich aufs Neue überzeugt davon, dass das ein ziemlich cooler Beruf ist (und ich bin nicht einmal mehr in der Kirche!). Letztens habe ich einen der besten Texte meines Texterinnenlebens geschrieben, weil mich das Thema auf die exakt richtige Weise gleichzeitig wütend und traurig machte.

Ich träume manchmal (leider viel zu selten) luzide. In einem dieser Träume traf ich meine Oma, konnte haargenau beeinflussen, was ich tat und sagte, und wachte von meinem eigenen beglückten Lachen auf. Ansonsten schlafe ich seit vielen Jahren leider sehr unruhig und träume oft davon, etwas zu vergessen oder zu verpassen. Mein rechtes Auge sitzt einen guten halben Zentimeter weiter oben als das linke. Vor einigen Jahren ließ ich meine Kurzsichtigkeit lasern. An einem Auge ging es schief und heute brauche ich wieder eine Brille, was mich, pardon my French, total ankotzt. Rohe Karotten oder Äpfel machen mich noch hungriger anstatt satt. Von grünem Tee, Trockenpflaumen und Traubensaft bekomme ich Kopfweh – warum auch immer. Mir graut vor Schwimmbädern, weil ich einmal sah, wie ein mir entgegenschwimmender alter Mann beim Auftauchen einen kapitalen Popel verlor.

Ich wählte fürs Abi nur deshalb den Leistungskurs Latein, weil der Grundkurs nicht zustande kam und ich das Fach ansonsten verloren hätte. Meine Latein-Facharbeit schrieb ich über die Verwendung von Aromata (Medizin, Küche, Schönheitspflege) im antiken Alltag. Nach dem Abitur begann ich, Biologie zu studieren, und schmiss es nach nur einem Semester hin; nicht wegen des Faches, sondern weil mich die Weltfremdheit meiner Kommiliton*innen fassungslos machte und mir das Ganze überhaupt viel zu theoretisch war. In die Werbung fand ich dann über Praktika und “on the job” in verschiedenen Agenturen. Das würde ich heute wieder genauso machen.

Einer meiner Lieblingsfilme neben “Moonrise Kingdom” ist “Juno” mit dem fabelhaften Elliot (damals noch: Ellen) Page. Ich schlafe am besten allein, obwohl ich Kuscheln toll finde. Wenn ich auf der Seite liege, muss ich ein Kissen oder ein Stück Decke zwischen die Knie klemmen, weil ich das Meine-Haut-auf-meiner-Haut-Gefühl nicht mag. Der schnellste Weg, Erinnerungen bei mir zu wecken, sind Gerüche oder Musik.

Ich mag viel lieber Bier (und dann auch noch aus der Flasche) als Wein oder gar Champagner und habe damit schon manche romantische Begegnung versaut. Hach ja, Romantik: Einmal antwortete ich auf eine ernst gemeinte Liebeserklärung, die der Mann monatelang mit sich herumgetragen hatte, mit “Hey! Cool!” und nippte weiter an meinem Drink. Ich habe die Augen meiner Urgroßmutter, dieselbe kleine Schuhgröße wie meine Großmutter, die Nase meines Vaters und die Lachbäckchen meiner Mutter. Homöopathie hat mir einmal das Leben gerettet und ob es dafür “wissenschaftlich haltbare Beweise” gibt, ist mir egal, weil das reale Leben mir oft genug bewiesen hat, dass es hilft. Diskutieren möchte ich darüber nicht mehr.

Ich versteinere, wenn irgendwo Lieder der Rolling Stones gespielt werden, weil der Tag meines ersten und letzten Stones-Konzerts nicht nur mein 29. Geburtstag, sondern der vielleicht beschissenste Tag meines Lebens war. Ich bin (na ja, mittlerweile: war) echt blond, meine Wimpern und Augenbrauen sind jedoch von Natur aus schwarz. Ich habe mich schon einmal allein in eine Stimme verliebt. Ich kann gut einparken – links rückwärts sogar besser als rechts – und fahre freiwillig nicht über 130km/h. Ich machte einmal Campingurlaub in Jesolo mit drei Kfz-Mechanikern, zwei Paletten 5-Minuten-Terrinen und drei Paletten Löwenbräu in Dosen, wir machten stundenlange Rülpswettbewerbe und das war vielleicht die lustigste Woche, an die ich mich erinnere.

Mein erstes Auto war ein babyblauer VW Käfer, dessen Motorhaube ich nach dem Verkauf ins Wohnzimmer hängte, weil alle meine Freunde, die ihn mir gemeinsam geschenkt hatten, darauf unterschrieben hatten. Einer von ihnen, der beste Freund meines Ex, erhängte sich im Alter von 23 Jahren im Wald und bis heute weiß niemand, warum er das getan hat. Dass ich diese Motorhaube in einem Anfall von Vergangenheits-Aufräumen entsorgte, stinkt mir mittlerweile gewaltig.

A propos Stinken: Ich mag Füße nicht und nein, nicht mal meine eigenen. Ich habe seit über 20 Jahren einen Tinnitus, der mich manchmal wahnsinnig macht. In der Schule spielte ich Theater; einmal war ich Asterix bei „Asterix im Wilden Westen“. Inzwischen bin ich beim Improtheater gelandet, was mir riesigen Spaß macht. Ich kann absolut keinen Goldschmuck tragen, weil schon das geringste Stückchen Gold an mir sofort dazu führt, dass ich aussehe wie schwere Eisenmangelanämie. Hohe Absätze sind bei mir eine nahezu hundertprozentige Sicherheit für den nächsten Bänderriss und ich wanke darauf herum wie eine Fregatte in schwerer See. Mittlerweile trage ich fast nur noch Barfußschuhe. Ich bin in einer innigen Liebesbeziehung mit meinem Heizlüfter im Bad und spare Strom lieber woanders.

Bevor ich nach einer “flexitarischen” Phase aufhörte, Fleisch zu essen, liebte ich Nürnberger Rostbratwürste mit Apfelmus. Ich mag Shirts und Hoodies – am liebsten solche mit Daumenlöchern – mit bescheuerten Sprüchen drauf. Ich ging lange jede Nacht ins Zimmer meiner Kinder und schaute mir an, wie harmlos sie schliefen, um zu verhindern, dass ich sie beim nächsten Zoff irgendwo an der Autobahn aussetze. Ich würde alles für sie tun, und mit “alles” meine ich ALLES. Daran ändert die Tatsache, dass beide mittlerweile erwachsen und aus dem Haus sind, nicht das Geringste.

Ich lerne Sprachen im Handumdrehen, aber der Teil, der für Zahlen zuständig ist, fehlt offenbar in meinem Gehirn. Ich bin ziemlich sicher, dass ich irgendwann Niederländisch lernen werde – einfach nur, weil ich die Sprache lustig finde. Bei den Bundesjugendspielen habe ich es tatsächlich einmal geschafft, mit dem Schlagball minus (!) 2 Meter zu werfen, weil er mir beim Ausholen hinten aus der Hand kullerte. Früher ging ich ständig auf Rockkonzerte, ließ es aus unerfindlichen Gründen jahrelang bleiben und habe es in meiner seit ganz Kurzem nicht mehr bestehenden Beziehung gottseidank wieder angefangen. Mir wird schlecht beim Gestank von Lilien, obwohl sie beinahe so heißen wie ich. Ich bin gerne am, aber nicht so gerne im Meer; Flüsse sind sowieso viel, viel besser. Hitze vertrage ich schlecht und habe deshalb einen zehntägigen Urlaub auf Mauritius weitgehend spuckend im Bett verbracht.

Ich bin vermutlich die einzige Frau auf diesem Planeten, die ein winziges Schwäbeln bei Männern anziehend findet und Bairisch sowieso. Ich habe eine lustige Narbe in Form eines Vierzehnfüßlers am Oberschenkel und eine entchenförmige am Knöchel. Dass die Oberschenkelnarbe unmittelbar mit Wodka zu tun hat, obwohl ich erst 6 war, als das passierte, ist erklärungsbedürftig. Wenn ich (immer vegetarisch) koche, geschieht das zumeist derart effizient, dass die Küche danach im Normalfall nicht anders aussieht als vorher. Beherrscht das jemand anderes nicht, macht mich das ganz so hibbelig, dass ich genervt hinter ihr oder ihm herräume.

Auch mein Schreibtisch ist immer penibel aufgeräumt, weil ich sonst nicht arbeiten kann. Ansonsten lebe ich in einem gemütlich-bunten Halbchaos und würde von irgendwelchen hygienerelevanten Tätigkeiten in meiner Wohnung energisch abraten.

Mit 13 wurde ich in einem Supermarkt ausgerechnet beim Klauen einen Miniaturkaktus (!) erwischt. Ich kann einfach keine Bücher lesen, die gerade auf einer Bestsellerliste stehen. Genauso geht es mir mit Mode, die mir wirklich piepegal ist: Fast alles in meinem Kleiderschrank stammt von Flohmärkten oder aus Second-Hand-Läden. Als ich nach meinem schlimmen Unfall im April 2000 wieder Auto fahren durfte, hatte ich mehrmals das Verlangen, das Lenkrad herumzureißen und entgegenkommende Autos frontal zu crashen, konnte mich aber immer gerade noch zusammennehmen. Seit diesem Unfall habe ich am Handgelenk Narben, die aussehen wie von einem Selbstmordversuch und die meine wohl erogenste Zone sind. Ich finde sie wunderschön.

Mit 6 Jahren habe ich auf einem Lottoschein fünf Richtige getippt und meine Mutter hat vergessen, den Schein abzugeben. Als ich 12 war, las mir ein Astrologe quasi alles, was bisher passiert ist, aus der Hand; ein paar seiner vielen korrekten Vorhersagen lauteten, dass ich einen kreativen schreibenden Beruf erlernen und früh zwei Kinder haben werde, meine “erwachsene” Liebe aber erst mit genau 40 finde – et voilà, so war’s, auch wenn diese Liebe mittlerweile wieder ruht. In meinem Schrank hängen sechs klassische Dirndl, in denen ich mich so weiblich wie in keiner anderen Klamotte fühle. Ich glaube, mit ein bisschen Übung könnte ich wieder einen Spagat schaffen, habe aber keine Chance, beim Vornüberbeugen meine Zehenspitzen zu berühren. Das liegt an einer angeborenen Skoliose, die man mir nur wenig ansieht, obwohl deren Röntgenbild einen Orthopäden einmal zum Ausruf “HEILIGE Scheiße!” veranlasste.

Meinen ersten Knutschfreund hatte ich mit 12. Ich habe ständig Hunger und müsste bei den Mengen, die ich verdrücke, eigentlich längst 120 Kilo wiegen. Als ich nach meiner Trennung Wonneröllchen im Wert von fast 10 Kilo verlor, wurde ich von Töchterchen Liebreiz dafür geschimpft, weil sie meinen weichen Bauch doch so mochte. (Keine Sorge – mittlerweile sind sie wieder drauf.) Ich werde dauernd von allen möglichen Leuten gebeten, ein lustiges Buch zu schreiben, glaube aber nicht, dass ich das kann. Ich will auf keinen Fall weitere Kinder, weil mich Kleinkinder inzwischen nach relativ kurzer Zeit nerven. Hoffentlich werde ich diesbezüglich als Oma (so das denn sein soll) entspannter.

Als ich 11 war, nahmen meine Eltern für fünf Jahre ein achtjähriges vietnamesisches Mädchen als Pflegekind auf, an dessen stetigen Intrigen unsere Familie beinahe zerbrochen wäre. Seitdem bin ich leider überzeugt davon, dass es von Natur aus böse Kinder gibt. Ich finde es grässlich, zu schwitzen, und habe deshalb fast 20 Jahre lang quasi keinen Sport gemacht bis auf kurze, wenig ambitionierte Ausflüge ins Ballett und Tae Bo. Das hat sich inzwischen geändert; hie und da gehe ich Laufen oder zum Energy Dance und wandere gern.

Ich habe Angst vor Spinnen, aber erst seit ich Mutter bin. Die einzige bei uns im Haus, die Spinnen ohne Schaudern einfangen kann, ist meine Tochter und das ist doch wohl peinlich. Ich habe meine tote Oma und unseren toten Nachbarn gesehen, beide angefasst und es war überhaupt nicht schlimm, wenn auch traurig. An meinem rechten Mittelfinger ist noch immer dieser Hornhautknubbel, den man vom vielen Schreiben mit der Hand in der Schule bekommt. Wenn ich ihn anschaue oder erfühle, muss ich grinsen. Manchmal schnarche ich selbst ein bisschen, finde Schnarchen bei anderen aber ganz schlimm. Ich bin Inhaberin des bronzenen Tauchabzeichens und habe mit Haien und Mantas getaucht, aber niemals das Seepferdchen gemacht.

Wenn ich von etwas überzeugt bin, kann ich schon mal ins Missionieren kommen. Ich finde, es gibt neben Katzen keine cooleren Haustiere als Schnecken. Vom Kindergarten bis zum Ende der Grundschule war ich grundsätzlich in rothaarige Außenseiter-Jungs verknallt. Nach der Geburt meiner Tochter habe ich neben der Texterei eine Zeitlang als Passform-Model gejobbt, weil ich die weltdurchschnittlichste Größe 38 trug. Ich hatte noch niemals PMS und bin schon seit ein paar Jahren mit dem Thema Wechseljahre durch.

Es gibt Menschen, die ich so sehr liebe, dass ich für sie jederzeit töten und in den Knast gehen würde. Ich bin (Stand 2023) 49 Jahre alt und als meine schlesische Großmutter so alt war wie ich jetzt, hatte sie schon seit 13 Jahren Enkel.

44 Comments

  • SatansTochter

    Hut ab, vor soviel Offenheit und Ehrlichkeit zu sich selbst! Auf eine Art und Weise ein beeindruckender Text!

  • doppelfish

    (also, an ‘nem anderen Finger! Am Daumen, keine Ahnung, wie der da hin kam.)

  • Miriam

    Hier auch ein Knubbel am rechten Mittelfinger.. vom Nuckeln!
    Ein hinreißend ehrlicher und entzückender Text! <3

  • TIMMAY

    Das ist ja fantastisch. Alles. Wenn ich Luftballons hätte, würde ich sie fliegen lassen und Konfetti werfen. Dem Text fehlen Dinosaurier, aber er wird auch so Geschichte schreiben oder heimlich kleine Herzchen an Schulklotüren malen.

    Jetzt möchte ich sowas auch. Aber ich brauche sowas eigentlich gar nicht. Glaube ich. Ich schreibs auf nen Zettel und leg den in meine Schreibtischschublade.

    Immer rocken!
    Timmay

  • textzicke

    Lieber Timmay,

    erstens: vielen Dank. Da werde ich ja gleich rot (die Sache mit den Komplimenten).
    Zweitens: Doch, mach! Ich werde es ebenso wohlwollend lesen wie Du meines. 🙂

  • Sandra

    Sehr beeindruckend, inspirierend, Mut machend, nachdenklich stimmend. Und noch viel mehr, aber das muss erst durch meinen Kopf wandern. Sehr ehrlich gemeintes Danke dafür.

  • larifariabel

    Liebe @textzicke, das ist der wahrscheinlich ehrlichste, nackteste und zugleich sympathischste Post, den ich bisher las. Ich schmunzelte, schniefte, grübelte und erkannte wieder. Danke sehr für diesen Herz-Leben-Royal Flush.

  • Jens

    Wunderschön. Es werden Fragen beantwortet und es bleiben dennoch Fragen offen. Bei der Sache mit dem Schwimmbad habe ich fast eingepullert vor Lachen. Aber bei anderen Passagen wurde ich nachdenklich.
    Danke!

  • Stefan Tastaton

    Hey Lilian,
    schön, dass dieser Beitrag “lebt” und es sich immer lohnt, mal wieder reinzuschauen.
    Habe gesehen, dass Du meinen Blogpost auch verlinkt hast, oder zumindest wolltest 😉 Der Link tut aber nicht, wie er soll und ist durchgestrichen. Kannst/magst Du das ändern? Sieht irgendwie komüsch aus…
    Viele Grüße
    Stefan
    P.S.: Brauchst diesen Kommentar natürlich nicht freizuschalten!

  • Solitude

    Zufällig hier gelandet und den bisher schönsten Moment des heutigen Tages mit diesem Text gehabt.

  • rike

    Super sympathisch geschrieben, musste ein paar mal gut lachen. deine mia is auch voll süß, meine heißt minki, aber die nervt mich zurzeit wieder. Vor nem Monat noch son Katzenbaum gekauft und den hat sie permanent unter Beschuss, ich hoffe der hält noch ne Weile 😉 Und danke für den Verweis auf die ursprüngliche Idee, das werde ich mir jetzt mal durchlesen. Lg Rike

  • Markus

    ja, ähemm… ich steh hier grad wegen derselben Ovationen ob deines Textes… ja, ich dachte, es wäre einer der üblichen Selbstskizzen. Aber nein, es ist unglaublich detailreich und schön zu lesen. Ok, ich gebs zu… ich hab ihn jetzt zum dritten Mal gelesen.

    Danke, dass ich den tweet dazu zufällig gelesen habe. Es gibt sie halt doch, die wunderbaren Menschen und die schönen Zufälle 🙂

    lieben Gruß
    Markus

  • Gaby

    Gelächelt, bedauert, gekichert, bewundert, geprustet, geseufzt, genickt, verstanden, gemocht.
    Verschlungen und genossen.

    Danke dir. Sehr. 🙂

  • Lonesome

    Auf dem Weg nach Haus in der Bahn gelesen. Trotz dieser Tatsache völlig entspannt und irgendwie befreit ausgestiegen. Während des Lesens gelächelt und gefreut, mich selbst, aber auch mir sehr nahe stehende Menschen im Text wiedergefunden.

    Einer der schönsten, offensten und deshalb bemerkenswertesten Texte, die bisher lesen durfte.

    Danke dafür, danke @textzicke!

  • sonderbayer

    Ich dachte immer ich bin der Einzige Oberpfälzer bei Twitter. Dabei sind wir 1,5 <3.

  • Manuela

    Eine kurze Selbstdarstellung? Eher unmöglich. Der Beitrag ist ziemlich lange und es wurden praktisch alle Aspekte deines Lebenslaufes behandelt. Ich stelle mir auch mal oft die Frage, wer ich eigentlich bin, wieso ich eigentlich zur Welt gekommen bin und wozu mich Gott geschaffen hat? Bisschen philosophische Frage aber ich glaube, ich bin nicht der Einzige, der sich selber solche Fragen stellt. Ich halte dich jedenfalls für eine echt interessante Person.

  • Tanja

    Toll. Liebe Lilian.
    Wunderschön geschrieben und ich mochte Dich vorher schon und jetzt noch mehr.
    Natürlich habe ich jetzt sofort Lust, auch sowas zu schreiben. Aber ich glaube nicht, dass ich es im Internet sehen möchte.

  • derChristoph

    Hui, da geht’s hurtig dahin. Ein Selbstportrait wie es sein soll, kurzweilig aber lang. Aber dann doch wieder zu kurz, weil man sich wünscht, dass da noch ein Absatz kommt. Und noch einer.

  • Egomane

    Ich… Ich… Ich… Ich…

    Was ist an dir so besonders?

    Selbstdarstellung ist schon immer dein Ding gewesen richtig?

  • textzicke

    Was an mir so besonders ist? Vermutlich ebenso viel oder wenig wie an Dir. 🙂

    Aber weißt Du, das Gute ist doch, dass Du es nicht lesen musst. Und Du musst auch nicht eine ähnliche Darstellung Deiner Selbst irgendwo online stellen, wenn das Deinem Wesen weniger entspricht.
    Ich fand es einfach interessant und witzig, mal zu resümieren, was in meinem Leben eigentlich bisher so abgegangen ist. Die somehow witzigen oder krassen oder entscheidenden Momente habe ich dann geteilt. So einfach ist das. 🙂

    Peace, dude! <3

  • Michael K.

    Komplimente machen Dich „unheimlich nervös“? Dann lass es mich so sagen: Falls die Menschheit nochmal so eine Voyager-Sonde in die Weiten des Weltalls schießt, sollte man auch Dein „Über mich“ (z.B. auf eine Kupferplatte eingraviert) dazulegen.

  • Maria

    Liebe Textzicke- wir sind ein innovatives Femtech Start-up und suchen eine freie Redakteurin, die für uns schreibt. Deine Texte finde ich sehr ansprechend, insofern meine Frage, ob Du Zeit und Interesse hast einige Texte für vimum zu schreiben?

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